Albert Neisser
22. 1. 1855 - 30. 7. 1916
Vor 100 Jahren, am 30. Juli 1916 starb in Breslau der deutsche Dermatologe, Venerologe und Sozialhygieniker Albert Neisser, dem 1879 die bahnbrechende Entdeckung des Gonorrhoe-Erregers („Micrococcus“) gelungen war. Der Sohn eines jüdischen Arztes legte 1872 gemeinsam mit Paul Ehrlich die Reifeprüfung ab und studierte dann an der Breslauer Universität Medizin. Nach der Habilitation 1880 und der Ernennung zum Privatdozenten übernahm der 1882 die Breslauer dermatologische Klinik, 1889 begründete er mit anderen die Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Erst 1907 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt. Auf einer Forschungsreise nach Norwegen konnte er mit einer speziellen Färbemethode bei über hundert Fällen den Lepraerreger als pathogene Ursache nachweisen. Neisser gelang es auch die tuberkulöse Form des Lupus vulgaris von der nichttuberkulösen Form Lupus pernio abzugrenzen. In Java sammelte er bei Versuchen mit Affen Erkenntnisse über den Infektionsmodus der Lues.
Ein Schatten fiel auf sein internationales Ansehen, als er nach Experimenten an Patienten, durchgeführt ohne deren Einverständnis, geklagt wurde. Im Bestreben ein Heilserum gegen Syphilis zu finden, hatte Neisser 1892 zur Heilung aufgenommenen Personen, darunter auch Minderjährige – ungewollt – mit dieser Krankheit infiziert. Neisser hatte klären wollen, ob das zellfreie Serum von syphilitischen Personen für die Empfänger unschädlich ist. Vier von acht der Patientinnen, angeblich Prostituierte, erkrankten später an Syphilis. Der Skandal führte zu einer neuen Gesetzgebung, die Menschenversuche nur mehr bei Erwachsenen nach ausdrücklicher Einwilligung und Belehrung zuließ.