Hermann Franz Müller
25. 10. 1866 - 23. 10. 1898
Er ist ein Märtyrer seines Berufes. Als junger Dozent der Inneren Medizin bei Hermann Nothnagel am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, hatte sich Hermann Franz Müller 1897 der wissenschaftlichen Kommission der Akademie der Wissenschaften zur Erforschung der Pest in Indien angeschlossen, um in Bombay an der Behandlung und Untersuchung von Pestkranken teilzunehmen. Zurück in Wien wertete Müller die mitgebrachten Kulturen in einem eigenen Pestzimmer aus. Da erkrankte am pathologisch-anatomischen Institut der Labordiener Franz Barisch an Pest, der den Assistenten Gohn und Albrecht zur Unterstützung bei ihren Peststudien zugewiesen war. Hermann Franz Müller trat zur klinischen Untersuchung an dessen Krankenbett, verfügte die Verlegung in ein Isolierzimmer und traf alle Vorsichtsmaßregeln. Dann fieberte eine der beiden Wärterinnen des Laboranten auf, Müller eilte in die Expectanzbaracke (Isolierpavillon) des neuen Kaiser Franz Joseph-Spitals. Schon am selben Abend fühlte der Doktor die ersten Anzeichen einer Krankheit, fröstelte, hatte Kreuzschmerzen, war abgeschlagen. Die unverzüglich unternommene bakteriologische Untersuchung des Sputums bestätigte den Verdacht – Pest.
Drei Tage rang Müller mit dem schwarzen Tod, hustete, fieberte, delirierte, gab blutigen Auswurf von sich. Selbst völlig im klaren über seinen Zustand und seine Prognose spritzte er sich Morphium zur Behandlung der stechenden Brustschmerzen, dazu Alkohol und 0,6 g Digitalis per infusionem. Die Injektion von Pestserum verweigerte er. In den frühen Morgenstunden des 23. Oktobers 1898 verstärkte sich die Zyanose, schließlich setzte Trachealrasseln ein, blutiger Schaum floß aus dem Mund. Um 4.30 Uhr trat der Tod des Arztes ein.
Die schockierten Wiener widmeten ihm ein Ehrengrab, errichteten ein Denkmal im 9. Hof des AKH, druckten Nachrufe und Partekarten. Auf einer dieser Drucksorten die Worte Müllers: „Ich bin an Pestpneumonie erkrankt. Bitte mir keinen Arzt zu senden, da es mit mir in vier bis fünf Tagen ohnedies zu Ende sein wird.“ Was der Wiener Medizinischen Wochenschrift bei ihrem Nachruf noch nicht bekannt war – auch seine Patientin, die Pflegerin Albine Pecha starb wenig später an der Pest. Ein Denkmal hat man ihr nicht gesetzt.