Joseph Roth – Die Legende vom tragischen Trinker
„Gott gebe uns allen, uns Trinkern, einen so leichten und schönen Tod“, ruft der Erzähler dem Clochard Andreas in der Legende vom Heiligen Trinker (1939) nach. Als die Novelle erschien, war ihr Autor Joseph Roth (1894–1939) bereits im Pariser Armenhospital Necker dem Delirium tremens erlegen. Schön und leicht war sein Tod nicht, und auch sein Leben birgt Stoff für eine moderne, tragische Legende. Alfred Polgar hatte Roth einst als junges Talent aus der galizischen Provinz zum Feuilleton des Wiener Neuen Tages gebracht. Auf Anhieb fand er dort zu einem glasklaren Ton, war schon bald ein gefeierter Star „unter dem Strich“ namhafter Blätter wie der Frankfurter Zeitung oder dem Prager Tagblatt. Wie die Augenblickskunst des Feuilletons selbst verschwand auch der Journalist Roth in den 1930er Jahren. Es blieb der Romancier. Aus Deutschland vertrieben, seiner jüdischen Herkunft entfremdet, wurde er sich zunehmend der Wurzeln seiner Existenz in der erloschenen altösterreichischen Kultur bewusst. Heimatlos wie seine Romanhelden, ohne Geld und haltlos dem Alkohol verfallen verbrachte er seine letzten Jahre im Pariser Hotel Foyot. Bis zuletzt arbeitete er geradezu manisch. Mit der ostjüdischen Exilantenlegende Hiob (1930), insbesondere aber mit dem Schwanengesang der Monarchie Radetzkymarsch (1932) schrieb er sich in den Kanon der Weltliteratur ein.
Österreich-Ungarn, das war jenes Stück Land, das der liebe Gott Kaiser Franz Joseph anvertraut hatte.
Joseph Roth, Radetzkymarsch (1932)