Licht und Schatten im Prater
„Ist es ein Park? Nein. Ist es eine Wiese? Nein. Ist es ein Garten? Nein. Ein Wald? Nein. Eine Lustanstalt? Nein. All dies zusammengenommen.“ Auf Umwegen sucht Adalbert Stifter nach einer Beschreibung für einen Ort, der durch bald 250 Jahre wechselvoller Geschichte stets einen besonderen Platz im Herzen Wiens und der Wiener behauptet: den Prater. Vielleicht gerade deshalb, weil er zu Umwegen einlädt und man mitten in Wien ganz woanders sein kann. Die grelle Betriebsamkeit des Wurstelpraters, die schattige Stille der Auen und vor allem reichlich Raum für Zwielicht – das hat auch die Literaten der Stadt fasziniert. Auf dunkle Pfade schickt Arthur Schnitzler seinen arg mitgenommenen Leutnant Gustl, der im nächtlichen Park fatale Gedanken wälzt. Aus dem Taumel des Wurstelpraters dagegen stolpern Der Soldat und das Stubenmädchen, denen der Kopf sicher von ganz anderem schwirrt. Und Peter Altenberg ist seinen Ashantee-Damen während Hagenbecks „Völkerschau“ auch zu später Stunde noch ein treuer Freund.
Stubenmädchen: „Ah, was machen’s denn? Wenn ich das gewusst hätt’!“
Soldat: „Der Teufel soll mich holen, wenn heut eine beim Swoboda mollerter gewesen ist als Sie, Fräul’n Marie.“
Arthur Schnitzler, Reigen (1896/97)
Große Praterschaukel
Dies sind eure Absinthräusche des Lebens, Mädchen aus dem Volke! Alles wird zuunterst zuoberst gekehrt, gestürzt! Und beim Talabwärts kreischet ihr vor Angst und Erregung! Hier vergesset ihr, dass der Zins vor der Türe ist und dass man in jedem Augenblicke schwanger werden und verlassen werden könnte! Hier erlebt ihr eure Meerfahrtemotionen, Seekrankheit für 10 Kreuzer! Und nachher in die Wiesen, in die dunklen weiten Wiesen! Pfeif’, Schurl, wenn Polizei kommt!
Peter Altenberg, Was der Tag mir zuträgt (1901)