Hetzjagd unter der Stadt – Der Dritte Mann
Wien, Februar 1948. Die Allianz der Siegermächte ist in die Blöcke des Kalten Krieges zerfallen. In den vier Sektoren der zerbombten Stadt sorgen Militärpatrouillen für eine angespannte Ruhe auf den Straßen. Der Bevölkerung fehlt es am Nötigsten und im Schatten der Schuttberge blüht der Schwarzhandel. Aus diesem düsteren und undurchsichtigen Milieu der Militärs, Schieber, Glücksritter und Verzweifelten ließ der Regisseur Carol Reed eines der größten Filmkunstwerke aller Zeiten erstehen. Nie war die Donaustadt schwärzer, nie wieder ist ihr ein atmosphärisch so dichtes Filmportrait gewidmet worden als im Dritten Mann (1949).
Das Drehbuch stammte vom mutmaßlichen Spion und ewigen Anwärter auf den Literaturnobelpreis Graham Greene, der dazu eigens nach Wien gereist war. Anton Karas komponierte mit der verstörenden Zithermelodie einen Klassiker der Filmmusik. Doch die Arbeit beider scheint nur Unterstützung für die huschenden Schattenbilder, die Kameramann Robert Krasker auf und vor allem auch unter dem Pflaster der Stadt einfing. Wer Wien zu kennen glaubt, der folge Holly Martins (Joseph Cotten) auf der Jagd nach dem mysteriösen Zeugen des Mordes an Harry Limes (Orson Welles) durch ein Gewirr von Intrigen und dunklen Kanälen.
Im Italien unter den Borgias herrschten 30 Jahre lang Terror und Mord, aber die Zeit brachte Michelangelo und die Renaissance hervor. In der Schweiz herrschte 500 Jahre Friede. Und was haben sie hervorgebracht? – Die Kuckucksuhr.
Harry Lime in Der Dritte Mann (1949)