Friedrich Hebbel – Ein streitbarer Gast
Streng und erhaben blickt Friedrich Hebbel (1813–1863) heute von der Fassade des neuen Burgtheaters auf Wien herab. Als der im norddeutschen Wesselburen geborene Dichter und Dramatiker 1845 zum ersten Mal in die Stadt kam, wird er sie anders erlebt haben: Regelrecht gestrandet ist er an der Donau. Nach zwei Jahren der Reise durch die Kulturstätten Europas hatte sich der aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Maurersohn und Autodidakt ebenso umfassend gebildet wie ruiniert.
In Hamburg war er bereits mit Gedichten und Dramen wie Judith (1840) und Maria Magdalena (1843) hervorgetreten. Auch hatte er dort einen Sohn hinterlassen. Nun saß er in Wien fest – und machte das Beste aus seinem Schicksal. Binnen kurzer Zeit ehelichte er die erfolgreiche Burgschauspielerin Christine Enghaus – eine liebende Gattin, die ihm auch finanziell zur Seite stand. In Wien wuchs Hebbel zu einem der wesentlichen Dramatiker des 19. Jahrhunderts heran. Die Helden seiner Geschichtsdramen sind meist streitbare Einzelkämpfer, die sich durch widrige Zeitläufte schlagen. Die Verwebung des Einzelnen in die Geschichte eines Volkes war sein großes Thema, und Hebbel, der selbst politisch aktiv war und ein störrisches Temperament besaß, scheute sich nicht davor, Künstlern vom Format eines Adalbert Stifter die Flucht ins ästhetische Idyll vorzuwerfen.
Dies Österreich ist eine kleine Welt,
In der die große ihre Probe hält,
Und waltet erst bei uns das Gleichgewicht,
So wird’s auch in der andern wieder licht.
Friedrich Hebbel, Prolog (vorgetragen am Wiener Burgtheater, 1862)