Marie von Ebner-Eschenbach – Landpartie mit Krambambuli
Blaues Blut floss in den Adern Marie von Ebner-Eschenbachs (1830–1916), doch ein ganzes langes Leben lang pochte ihr Herz für die sogenannten kleinen Leute und ihre kleinen Geschichten aus einer Welt, deren äußerste Grenze noch in Hörweite der Dorfkirchglocken verlief. Immer wieder wandte sie sich ihnen literarisch zu, auch wenn ihr eigener Horizont freilich weit über die sanften, von wogendem Korn und dunklen Wäldern bedeckten Hügel ihrer mährischen Heimat hinausreichte. Einen großen Teil ihres Lebens verbrachte sie in Wien, und als Tochter des Grafen von Dubský genoss die junge Marie eine hervorragende Ausbildung – selbstverständlich parlierte man im Hause auf Französisch.
Mit ihrem Schreibtalent ging noch eine weitere, ungewöhnliche Beschäftigung einher. Eine 1879 zu Wien abgeschlossene Uhrmacherlehre war weit mehr als nur ein Spleen. Sie schien handwerklich zu erfüllen, was Ebner-Eschenbach als Künstlerin anstrebte: mit einem Federzug den Lauf der Zeit zu fassen und zu bannen. Und so entstammen ihre Dorf- und Schlossgeschichten (1883) zwar lange vergangenen Zeiten – doch im kleinen Rund ihrer Welt zeigen sie Generationen von immer neuen Lesern treu, wie und wo auch ihnen das Herz schlägt. Nicht zuletzt ist das der Grund, warum ihr Krambambuli (1883), die Geschichte des Jägers Hopp, seines Jagdhunds und des „Gelben“, bis heute eine der bekanntesten, traurigschönsten Erzählungen Österreichs ist.
Vorliebe empfindet der Mensch für allerlei Dinge und Wesen. Liebe, die echte, unvergängliche, die lernt er – wenn überhaupt – nur einmal kennen. […] „Dem fehlt nur die Sprache“, heißt es von andern intelligenten Hunden – dem Krambambuli fehlte sie nicht; sein Herr zum mindesten pflog lange Unterredungen mit ihm. […] Er beugte sich über Krambambuli, der zwischen seinen ausgespreizten Knien saß, drückte die Wange an den Kopf des Tieres und nahm seine dankbaren Liebkosungen in Empfang.
Marie von Ebner-Eschenbach, Krambambuli (1883)