Lieben und streiten mit Erich Fried
Sicher war Erich Fried (1921–1988) ein Dichter bewegender Momente. Seine Liebesgedichte (1979) sind, kurz und bündig, der erfolgreichste deutsche Gedichtband der Nachkriegszeit. Klar in der Aussage, gerne provozierend ehrlich, immer aber charmant – wie kaum ein Zweiter vermochte Fried dem höherschlagenden Herzen einer breiten Leserschaft eine Stimme zu verleihen.
Ausgerechnet Fried, möchte man bei all der Poesiealbentauglichkeit aber manchmal sagen. Denn eigentlich war der kleine, schwere Mann ja die Stimme einer ganz anderen Bewegung: Seite an Seite marschierte er mit Rudi Dutschke, wurde im Zuge seiner oft ungestümen Suche nach dem besseren Deutschland zum Sänger der 68er-Bewegung und zum Dichter des Stadtguerilla Georg von Rauch oder Ulrike Meinhofs. Wo er ans Rednerpult schluffte und aus seiner abgewetzten Ledertasche oder einer Plastiktüte seine Zettelbüschel zückte, da lag auch oft schon bald ein Hauch von Brandgeruch in der Luft.
Vor eben dem war er selbst einmal geflohen, damals, als der Machtwechsel den 17-jährigen Burschen aus seiner Heimatstadt Wien verscheuchte. Nur sehr zögerlich, nach langen Jahren, wagte er wieder Besuche aus dem Londoner Exil. Ganz versöhnt hat er sich wohl nie mit Wien. Doch wie er litt und stritt, wie er leise liebte oder laut protestierte: Erich Fried zu lesen, bedeutet stets von einem bewegten und bewegenden, mit Zeitgeschichte durchtränkten österreichischen Leben zu lesen.