H. C. Artmann – Sprachartist mit Wiener Blut
H. C. Artmann (1921–2000) war im Reiseanzug wohler als in der Tracht. Ein Vagabund war er, der sich in ganz Europa umhertrieb und dem es schnell einmal eng wurde an einem Ort. Im Café Hawelka war er Stammgast, bis ihm die Leute scheußlich waren. Die Gruppe 47 trug ihm die Mitgliedschaft an, Artmann ließ wissen, er sei als Bub bei den Pfadfindern gewesen und seither für keinen Verein mehr zu haben. Er war Mitbegründer der „Wiener Gruppe“, einem Zusammenschluss junger Autoren. Wenig später leugnete er die Existenz der Gruppe. Artmann war ein Maskenspieler und Sprachartist, der aus gleich sechs Sprachen Literatur ins Deutsche übertrug und der in den eigenen Werken beliebig seinen Ton wechselte. Doch bei aller Verwandlungskunst blieb Artmann, der am 12. Juni 1921 in Wien-Breitensee geboren worden war, stets ein Wiener. In späteren Jahren zog er wieder an die Donau, und auch zum Wienerischen kehrte er zurück: dem Dialekt, mit welchem er 1958 seinen ersten großen literarischen Erfolg gefeiert hatte. Wenn auch die Dialektdichtung nur eine von vielen Spielarten war – Artmann schrieb seine farbenfrohe Kunst zeitlebens „med ana schwoazzn dintn“.
a gedicht schreim
nua ka schmoez how e xogt!
nua ka schmoez ned …
reis s ausse dei heazz dei bluadex
und haus s owe iwa r a bruknglanda!
fomiaraus auf d fabindunxbaun
en otagring …
daun woat a wäu
bis s da wida zuaqoxn is des loch
des bluadeche untan schilee
und sog:
es woa nix! oda: gemma koed is s ned!
waun s d amoe so weid bist
daun eascht schreib dei gedicht
und ned eea!
H. C. Artmann, med ana schwoazzn dintn (1958)