Jiří Wolker – Der rote Utopist
Er starb mit knapp 24 Jahren an Tuberkulose und war in tschechischen Literaturkreisen doch bereits eine Kultfigur: Jiří Wolker, im Jahre 1900 in Mähren geboren, stammte aus einer wohlhabenden, großbürgerlichen Familie. Als Student kam er nach Prag, wo er in den Kaffeehäusern linke Intellektuelle kennenlernte – diese Kreise sollten auch auf seine Weltsicht Einfluss nehmen: 1921 trat er in die Kommunistische Partei ein, 1922/23 wurde er Mitglied der avantgardistischen Künstlergruppe Devětsil.
Wolkers an dekadente Strömungen anknüpfende und oft sozialistischen Utopien nachhängende Gedichte zeichneten in eindringlichen Bildern und Symbolen die Mühen des Alltags. Seine Gedichtsammlungen Gast ins Haus (1921) und Die schwere Stunde (1922) gelten als Musterbeispiele proletarischer Dichtung.
Hier liegt Jiří Wolker,
ein Dichter, der die Welt geliebt,
und für deren Gerechtigkeit ging er sich schlagen.
Doch noch bevor zum Kampf er zog sein Herz,
starb er – mit 24 Jahren.
Inschrift auf Jiří Wolkers Epitaph
Winter
Ich sag euch, dass der Winter kein Greis sei in Pelzen,
am Buckel die hölzerne Trage,
im Gegenteil, er ist ein halbnacktes Mädchen;
im sechsten Stock sie trocknet nasse Schühlein ohne Klage
über blau erstarrendem Herzen.
Jiří Wolker, Gast ins Haus