Johannes Urzidil – Der verlorene Geliebte
Er sei der „große Troubadour jenes für immer versunkenen Prag“, sagte Max Brod über den 1896 geborenen Prager Johannes Urzidil. Noch während seiner Schulzeit veröffentlichte Urzidil Gedichte im Prager Tagblatt und gehörte bald schon zum engeren Kreis um Kafka, Brod, Werfel und Winder. Seine erste selbstständige Buchveröffentlichung war ein expressionistisch geprägter Gedichtband, der in der renommierten Reihe Der Jüngste Tag im Kurt-Wolff-Verlag erschien. Große Bekanntheit sollte Urzidil später mit der Erzählung Prager Triptychon (1960) und seinen Erinnerungsessays Da geht Kafka (1965) erlangen. In vielen seiner Werke kam die Liebe zu seiner böhmischen Heimat zum Ausdruck. Urzidil emigrierte 1939, lebte ab 1941 in New York und arbeitete u. a. für den Rundfunksender „Voice of America“. 1964 erhielt der Schriftsteller den Großen Österr. Staatspreis. Er starb 1970 während einer Vortragsreise in Rom. Tschechische Astronomen ehrten Urzidil, indem sie einen kleinen, 1999 entdeckten Planeten nach ihm benannten.
Ich war ein Spezialist für Märkte, wo immer viel zu sehen war und auch viel vorging. (...) Aber der schönste der Märkte blieb doch der Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring, wenn im Advent das Budenwerk hochstieg und bald überschneit war, denn damals fiel in Prag noch Schnee im Dezember.
Johannes Urzidil, Prager Triptychon
Wer ballt mich zur Kugel,
auf dass ich rascher
die Serpentine hinunter rolle?
Wer schmilzt mich zu glühendem Bächlein
ins Herze zu fliessen
den wartenden Freunden?
Johannes Urzidil, Sturz der Verdammten