Adalbert Stifter – Auf Studienreise in Prag
Anno 1865 unternahm der aus Südböhmen stammende Dichter und in Linz tätige Schulrat Adalbert Stifter (1805–1868) die einzige Reise seines Lebens in die königliche Hauptstadt Prag. Lange schon hatte er die Fahrt geplant und immer wieder verschoben, aber nun gab es keinen Aufschub mehr. An den Prager Originalschauplätzen, etwa auf dem Vyšehrad oder im St.-Veits-Dom, wollte Stifter Studien für seinen monumentalen Roman Witiko (1865–1867) betreiben, damit dieser „warm, wahr und lebend“ werde. Er kam nicht unvorbereitet nach Prag, schon vor der Reise hatte er sich über die einschlägigen Realien informiert, etwa in der František Palackýs Geschichte von Böhmen oder in den Werken Václav Tomeks.
Mit seiner Gattin Amalie und Nichte Katharina bezog Stifter im Gasthof „Zur Stadt Wien“ Quartier, einem Fremdenhof in der Prager Neustadt. Während der acht Tage seines Aufenthaltes streifte Stifter durch die Stadt, ließ sich Sagen erzählen, sprach mit dem Maler August Piepenhagen und besuchte alte Bekannte und vielleicht auch entfernte Verwandte, die in Prag lebten. Nach Tagen voller Eindrücke und Anregungen reiste der Dichter mit seinem Anhang schließlich weiter nach dem idyllischen Bayerischen Wald.
Ich muss die Stadt und die Gegend sehen, dass ich alles genau bezeichnen und mit der Feder malen kann.
Adalbert Stifter