Kafkas letzte Ruhestätte
Zwischen den prunkvollen Grabanlagen der reichen jüdischen Bürger auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Prag-Strašnice fällt ganz am Rand ein eher kleiner Grabstein durch seine Schlichtheit auf: Ein schlankes kubistisches Epitaph markiert das Grab Franz Kafkas und seiner Eltern. An der Friedhofswand gegenüber hat man eine Gedenktafel für Max Brod eingelassen, den Mentor und engsten Freund. Zur Sommerszeit ist das Grab Ziel zahlreicher Literaturpilger aus aller Welt. Viele legen, einem alten jüdischen Brauch folgend, kleine Steine auf das Grab; manche wiederum hinterlassen dem Schriftsteller dort auch persönliche Notizen auf kleinen Zettelchen. Im Winter aber, wenn die Fremden die Stadt den Pragern überlassen, wird diese Stätte zu einem einsamen und stillen und damit noch stimmungsvolleren Ort des Gedenkens.
Sein Begräbnis. Die Gebethalle des jüdischen Friedhofs in Prag. Große Beteiligung. Hebräische Gebete. Die Trauer seiner Eltern und Geschwister. Die stumme Verzweiflung der Gefährtin, die an seinem Grab wie tot hinfällt. Das trübe Wetter, das sich nur auf Augenblicke erhellt. Weiß Gott, man konnte es nicht glauben, daß in der nackten Holztruhe Franz Kafka begraben wird, der Dichter, der gerade erst groß zu werden begann.
Rudolf Fuchs
Von einem gewissen Punkt an gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen.
Franz Kafka, Aphorismen