Kafka und die süßen Mädel
In seinen stürmischen Jahren war auch Kafka nächtlichem Amüsement nicht abgeneigt und besuchte mit seinen Freunden einschlägige Weinstuben, Kabaretts – und Freudenhäuser: Etwa den „Salon Šuha“ oder den legendären „Salon Goldschmidt“, auch „Go-Go“ genannt, wo heißer Kaffee und spärlich bekleidete Damen lockten. Der Besuch bei weitherzigen Frauenzimmern hatte für ein ungebundenes Mannsbild des angehenden 20. Jahrhunderts wenig Anrüchiges. Ein junger Mann sollte sich „die Hörner abstoßen“, ehe er sich unter das Joch der Ehe begibt, so lautete die weitverbreitete Meinung.
Diesmal wurden wir durch ein helles Zimmer vor die Tür eines dunklen geführt, das in demselben Moment sich elektrisch erleuchtete und den Anblick von zwanzig nackten, in einem Halbkreis aufgestellten Frauen zeigte. Waren sie bisher im Dunkel gesessen oder hatte man sie erst jetzt, des Aufleuchtungseffekts wegen, in das Zimmer geführt? Alle lächeln einem zu, wiegen die Brüste in den Händen oder zeigen durch Herumwälzen der Zunge im halboffenen Mund ihre Künste an.
Max Brod
Weinstube Trocadéro. Dort liebt er die Germania der deutschen Reichspostmarken. Chambre separée. Aber er ist so seltsam zurückweichend, nicht ernsthaft genug, obwohl er so liebt.
Max Brod, Tagebuch
...bei den Weibern kann es uns dann nicht fehlen...