Kafkas blinder Freund Oskar Baum
Zu den wichtigsten Freunden und literarischen Weggefährten Kafkas gehörte der aus Pilsen stammende jüdische Schriftsteller Oskar Baum. Selbst in jungen Jahren erblindet, fand Baum als Dichter der Blinden Eingang in die Literaturgeschichte. Dennoch ist sein Werk heute nahezu vergessen. Baums Themen kreisen um das Schicksal der Juden, die Erfahrung der Blindheit und um Fragen der Schuld. Am 1. März 1941 starb er in einem Prager Krankenhaus an den Folgen einer Operation. Eine Emigration bzw. Deportation blieb ihm, dem Bewunderer deutscher Kultur, damit erspart.
Bei Baum gewesen, so schöne Sachen gehört.
Franz Kafka
Er wußte sich bei einem Erblindeten. Und machte mir, während der vorstellenden Worte Brods, eine stumme Verbeugung. Das war, sollte man glauben, eine sinnlose Förmlichkeit mir gegenüber, der ich sie ja nicht sehen konnte. Sein glattgestrichener Haarscheitel berührte indes, wohl infolge meiner etwas zu heftigen gleichzeitigen Verbeugung, flüchtig meine Stirn. Ich fühlte eine Ergriffenheit, deren Grund mir im ersten Augenblick nicht völlig klar wurde. Hier hatte einer als erster unter allen Menschen, die mir begegnet waren, meinen Mangel als etwas, das nur mich allein anging, (nicht durch Anpassung oder Rücksicht, nicht durch geringste Veränderung seines Verhaltens) festgestellt.
Oskar Baum