Kafkas Verlobte Felice Bauer
Mehr als fünfhundert Briefe und Postkarten wechselten sie, nachdem sie einander 1912 in der Wohnung von Max Brod begegnet waren, und obwohl sie sich eher selten sahen, verlobten sie sich gleich zweimal in Folge. Einen eigenen Hausstand begründete der Prager Junggeselle Franz Kafka mit seiner Berliner Verlobten Felice Bauer dennoch nie. Die tüchtige Braut war in guter Stellung bei der Carl-Lindström AG beschäftigt, einem Unternehmen, das sogenannte „Phonographen“ herstellte – da hatte sie für Dichtkunst wenig Zeit und wohl auch wenig Verständnis. Kafka hat seinerseits wiederholt geklagt, daß er unfähig sei, sich unter das Joch der Ehe zu beugen, daß er sich vor den bürgerlichen Konventionen ängstige und ein Eheleben seinem Schreiben abträglich wäre. Während Felice schließlich mit einem anderen doch noch in den Hafen der Ehe einlief, blieb Kafka ein Junggeselle bis ans Ende seiner Tage.
Wenn sie mich liebt, verdiene ich es nicht.
Franz Kafka, Tagebücher
Die Argumentation im allgemeinen: Ich bin an F. verloren.
Franz Kafka, Tagebücher
Frl. Felice Bauer. Als ich am 13. VIII. zu Brod kam, saß sie bei Tisch und kam mir doch wie ein Dienstmädchen vor. Ich war auch gar nicht neugierig darauf, wer sie war, sondern fand mich sofort mit ihr ab. Knochiges leeres Gesicht, das seine Leere offen trug. Freier Hals. Überworfene Bluse. Sah ganz häuslich angezogen aus, trotzdem sie es, wie sich später zeigte, gar nicht war. [...] Fast zerbrochene Nase. Blondes, etwas steifes reizloses Haar, starkes Kinn. Während ich mich setzte, sah ich sie zum erstenmal genauer an, als ich saß, hatte ich schon ein unerschütterliches Urteil.
Franz Kafka, Tagebücher