Jan Neruda – Der Dichter und Erzähler
Wohl jeder Besucher Prags spaziert einmal die berühmte Straße Nerudova entlang, die vom Kleinseitner Ring hinauf zur Burg führt. Diese Straße ist benannt nach dem 1834 geborenen tschechischen Dichter Jan Neruda, der hier im Haus „Zu den Zwei Sonnen“ seine Jugend verbrachte. Die böhmische Hauptstadt war zu dieser Zeit noch eine Provinzstadt, und auf der verschlafenen Kleinseite hatte Neruda die Gelegenheit, jene kuriosen Gestalten zu beobachten, die er später in seinen berühmten Kleinseitner Geschichten (1878) so treffend beschreiben sollte. Diesem beachtlichen literarischen Erfolg gingen jedoch viele Jahre in ständiger Geldnot voraus, denn mit der Reportertätigkeit, die er nach abgebrochenen Universitätsstudien ausübte, konnte Jan Neruda seinen Lebensunterhalt nur mühsam decken.
Gerade seine Gedichte mit ihrem satirischen Grundton hatten den Schriftsteller schon früh zu einem literarischen Idol der jungen Generation gemacht, ihn zur führenden Persönlichkeit des Almanachs Máj aufsteigen lassen, dem Blatt der fortschrittlich gesinnten tschechischen Dichter. Seine geliebte Heimatstadt Prag, in der Neruda 1891 starb, blieb immer der Mittelpunkt seiner Essays, Geschichten und Gedichte.
Sooft ich mich der gerade herrschenden Meinung oder überhaupt der gesellschaftlichen Majorität völlig unterwarf, fühlte ich, dass ich einen Schritt zurück machte.
Jan Neruda