Johanna von Herzogenberg

1921–2012

Die Schriftstellerin und Kulturhistorikerin Johanna von Herzogenberg war eine Freundin des Vitalis-Verlages der ersten Stunde und besuchte das Verlagshaus wann auch immer sie in Prag weilte. Sie stammte aus dem Schloß Sychrov bei Turnau in Nordböhmen, wo sie am 23. Juni 1921 das Licht der Welt erblickte. Ihr voller Name lautete eigentlich Johanna Maria Aglae Bertha Edeltrude Natalie Picot de Peccaduc Freiin von Herzogenberg, aber das war im täglich Umgang ein wenig umständlich, so wurde sie taxfrei zur Baronin verkürzt – und jeder wußte, wer gemeint ist. Kaum ein Baron war je so baronenhaft wie die Baronin – vornehm, gebildet, fromm. Sie strömte förmlich über von Wissen über Gott und die Welt, insbesondere die böhmische Welt, und geizte nicht mit ihren Erinnerungen. Da erzählte sie von ihren Kindertagen im Schloß Sychrov, von ihren Jugendstreichen in Birnai bei Aussig an der Elbe und von ihrem Kunstgeschichte- und Germanistikstudium an der Prager Karl-Ferdinands-Universität, wo sie 1943 über geistliche Spiele des Spätmittelalters doktorierte. Sie erzählte auch von böser Behandlung 1945, von Zwangsarbeit und dennoch ungebrochener Jugendzuversicht. In Böhmen war kein Bleiben für eine Dame ihres Formats, Aristokratin und Deutsche noch dazu, wiewohl des Tschechischen selbstverständlich mächtig. So ging sie fort bis nach München, machte eine Lehre als Verlagsbuchhändlerin und wurde als Geschäftsführerin und schließlich Vorstandsmitglied des Adalbert-Stifter-Vereins tätig, träumte immer und überall von Böhmen, richtete Ausstellungen aus und bearbeitete böhmische Themen. In einem sogenannten Fliegenden Büro unterstützte sie 1968 ff zahlreiche tschechische Emigranten und Flüchtlinge aus Prag, 1970 nahm sie maßgeblich teil an der Gründung der Ostdeutschen Galerie in Regensburg. Dazwischen, Reisen, Bücher, Empfang von Ehrungen – wie etwa dem Bayerischen Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz, die Adalbert-Stifter-Medaille der Sudetendeutschen Landsmannschaft oder 2003 die tschechische Verdienstmedaille aus der Hand des damaligen Präsidenten der Republik Václav Havel.

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