Ernst Weiß
1882–1940
In einem kurzen Lebensabriß liefert Ernst Weiß die Eckdaten einer Medizinerlaufbahn: in Wien promoviert, zeitweise Schiffsarzt auf Indienfahrt, Assistent des Nobelpreisträgers Emil Theodor Kocher, dann bei August Bier, dem Pionier der Spinalanästhesie, anschließend Feldarzt im Ersten Weltkrieg. Bekannten gegenüber erwähnte er auch, Schüler Sigmund Freuds gewesen zu sein. Eine glänzende Karriere. Nur leider nicht die des echten Ernst Weiß. Der war zwar Arzt, praktizierte in Wien, in Prag, auf See und als „Sanitätshilfe der Marodenabteilung“ im Felde. Die übrigen Angaben dagegen sind Ausdruck seiner zweiten Begabung – der dichterischen. Die hatte immerhin namhafte Förderer: Franz Kafka, dem Weiß in Prag begegnet war, ermutigte ihn zum Schreiben, Thomas Mann half dem Chirurgen, der 1920 den weißen Kittel in den Kasten hängte, finanziell durch schwere Zeiten. So prominent der Unterstützer auch war und so anerkannt Weiß‘ Werk heute auch ist: Zu Lebzeiten war ihm der erhoffte Erfolg nur kurz vergönnt. 1940, als die Wehrmacht Frankreich besetzte, wählte der jüdische Flüchtling in Paris den Freitod.